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PENTAX 645 ++ Liebe auf den ersten Klick

Ende Oktober hat sich der Kauf meiner analogen PENTAX 645 gejährt. Das erscheint mir der richtige Anlass, diese mit einem eigenen Praxisbericht zu würdigen. Die Überschrift sagt es bereits: ich mag diese Kamera. Und so liest sich der Text wahrscheinlich gar nicht mehr wie eine nüchterne Vorstellung, sondern eher wie eine Hommage an eine Kamera, die ich innig verehre. Warum wird dieser Text hoffentlich klären. Die 645 hat mich in 2024 trotz ihres stolzen Gewichtes und Größe bei allen Reisen mit der Familie begleiten dürfen. Damit kann ich auch allerlei Fotos zeigen, die in den letzten zwölf Monaten entstanden sind.

Ein wenig Geschichte

PENTAX kann fast 40 Jahre Historie im sogenannten kleinen Mittelformat vorweisen. Mehr leider wird es nicht, denn Ricoh als Markeneigner hat das digitale Mittelformat letztes Jahr ohne Nachfolger oder offizielle Abkündigung auslaufen lassen. Ein trauriges und unrühmliches Ende einer jahrzehntelangen Tradition, wie ich finde. Aber von vorn. PENTAX veröffentlichte ihre erste analoge Filmkamera für das 6×4,5 Bildformat im Jahr 1984. Mittelformat war kein Neuland für den Hersteller, denn bereits 15 Jahren zuvor kam die PENTAX 6×7 für das größere Bildformat auf 120er Rollfilm. Das neue 645 System mit Objektivpark koexistierte jahrelang neben der 6×7 Linie. Beide analoge Systeme wurden bis 2009 gebaut. Das 6×7 System fand damals sein Ende, aber die 645D überführte das kleine Mittelformat in das digitale Zeitalter.

Ein Jahr vor der 645 erschien 1983 übrigens die PENTAX Super-A, eine Kleinbild Spiegelreflex mit Tasten zur Einstellung der Verschlusszeit und die erste Kamera mit LC Display sowie Programm- und Blendenautomatik. Die 645 übernahm dann diese Eigenschaften.

Die Ur-645 hatte noch zwei analoge Nachfolger: die 645N von 1997 mit Autofokus und moderneren Bedienelementen wie ein Programmwahlrad. Später ab 2001 gab es das kleines Update 645N II mit Mirror Lock-Up.

Fast 10 Jahre später kam der Paradigmenwechsel von analog auf digital. Die 645D war die erste digitale Variante, die ab 2011 im Markt einiges an Aufregung verursachte. Ihre UVP Preis von 9.999 EUR war eine Kampfansage an die Konkurrenz von Phase One, Mamiya, Hasselblad und Leica. Die alten PENTAX Optiken aus der analogen Zeit konnten weiter verwendet werden, inklusive die FA Objektive mit Autofokus. Allerdings war das digitale Sensorformat mit 33x44mm2 etwas kleiner als die 41,5×56mm2 Maske der analogen 645 Modelle, was den nutzbaren Bildausschnitt der Objektive verringerte. Mein PENTAX-A 645 35mm wirkt an meiner 645 Kleinbild-äquivalent wie ein 21mm Weitwinkel, an der digitalen 645D sind es aber moderate 28 Millimeter.

Äußerlichkeiten

Das Besondere an PENTAX Mittelformat Kameras sind meiner Meinung nach das Gehäusedesign und die Bedienungsphilosophie. Diese orientiert sich an den einäugigen Kleinbild Spiegelreflexmodellen. Die Kameras sind im Grunde entworfen wie Kleinbild SLRs, nur eben auf Steroiden mit bulligen Gehäusen und Objektiven. Ich behaupte mal, wer von einer klassischen Spiegelreflexkameras kommt, wird sich zurecht finden. Bei der ersten 645 werden alle Einstellungen bis auf die Blende über einzelne Tasten vorgenommen, insbesondere auch die Verschlusszeit. Sie folgt damit der Bedienung, die PENTAX in den elektronischen ME Modellen der späten 70er Jahre eingeführt und an daran viele Jahre festgehalten hatte.

Andere Hersteller wie Canon oder Nikon setzten zumeist weiter auf Einstellräder für Zeit, ISO und Belichtungskorrektur. Erst die 645N von 1997 führte bei PENTAX explizite Drehräder ein. Insofern ist die erste 645 schon eine Besonderheit, die immer noch viel 80er Jahre Charme versprüht.

Das Äußere der 645 mag heutzutage altbacken und plump aussehen, ist aber wohl eher Geschmacksache. Ich finde das Gehäuse in erster Linie funktional und entsprechend der damaligen Design-Sprache für technische Geräte entworfen. In den 80ern dominierten einfache geometrische, häufig rechteckige Formen. Die Gestaltung war auf Funktionalität und Effizienz ausgelegt, nicht unbedingt auf Ästhetik. Dazu dominierte Kunststoff als Material. LED- und LCD-Anzeigen kamen vermehrt zum Einsatz. Dazu waren mechanische Schalter und Knöpfe oft in Kombination mit taktilem Feedback weit verbreitet.

Die 645 erscheint geradezu als Prototyp dieses 80er Designs herhalten zu können mit ihrer eckigen Form, dem kleinen LC Display oben auf, links den kleinen Drucktasten mit farbiger Funktionsbeschriftung und rechts den Pfeiltasten in Beige-Grau.

Der Spiegelkasten und das Dachkant-Pentaprisma erfordern viel Platz und bestimmen die große, in die Tiefe gehende Grundform. Neben der enormen Größe beeindruckt auch das Leergewicht von ca. 1,3 Kilogramm. Zum Glück trägt die 75mm 2.8 Standard Optik wenig auf, so dass die Kombination aus Kamera und Objektiv noch relativ handlich erscheint. Aber dieses Objektiv ist da eher die Ausnahme, geht schon fast als Mittelformat Pancake durch. Die 645 zusammen mit dem Pentax-FA 645 45-85mm F4.5 Standard Zoom ist da noch einmal eine andere Kategorie. Wobei eine digitale K-1 plus DFA 24-70mm Zoom mit fast 2 Kilogramm auch nicht ohne ist, aber immer noch klar hinter der 645 in den Dimensionen bleibt.

Die Kamera liegt satt und gut in der rechten Hand am Griff, sie sollte aber auch immer von unten mit der Linken am Gehäuse oder Objektiv gestützt werden. Oder die 645 steht gleich auf einem Stativ. Sie verfügt dafür praktischerweise zwei Gewinde unten und an der linken Gehäuseseite, für Quer- und Hochformat. Der große Griff integriert das Batteriefach für die betriebsnotwendigen 6 AA Batterien (wieder plus 150 Gramm). Der Griff kann vom Kameragehäuse komplett abmontiert werden, aber der Sinn für diese Flexibilität hat sich mir noch nicht erschlossen, weil sich damit Stromversorgung und Auslöser verlustieren. Bei den Nachfolger Modellen sind Griff und Gehäuse dann eine Einheit und nicht mehr trennbar.

Auf dem Griff befindet sich oben ein großer Kippschalter zum Ein- und Ausschalten der Kamera. Die Bedienung wird von einem satten Klack Geräusch begleitet. Der Auslöseknopf daneben startet beim leichten Druck die Belichtungsmessung. Er hat ein Gewinde, um bspw. einen Fernauslöser oder Autoknips anzuschließen. Das ist auch notwendig, denn leider hat die erste 645 keinen eingebauten Selbstauslöser. Beim Eindrehen eines externen Auslösers sollte die Kamera ausgeschaltet sein, denn der Auslöseknopf reagiert empfindlich auf Druck und löst schnell die Aufnahme aus.

Der Vollständigkeit halber seien noch der Abblendhebel für die Objektivblende vorne rechts am Gehäuse sowie das unscheinbare Drehrad links neben dem Sucher erwähnt. Das Drehrad trägt die Beschriftungen S und C für Single- und Continuous-Shot. Es kann kurioserweise „unendlich“ um eine Vierteldrehung umgeschaltet werden, also abwechselnd S – C – S – C bis eine komplette Umdrehung erreicht ist. Im kontinuierlichen Serienmodus schafft der Transportmotor 1,5 Bilder pro Sekunde. Damit ist bei den 15 möglichen Aufnahmen eines 120er Rollfilms nach spätestens 10 Sekunden ein Film fertig geschossen. Um ehrlich zu sein: ich habe die Kamera noch nie in C betrieben und mir fehlt auch die Fantasie für ein Anwendungsbeispiel.

Programmvielfalt

Im Grunde ist die 645 der ersten Generation mit allem (oder mehr) ausgestattet, was es zum Fotografieren braucht. Es sind die vier klassischen Belichtungsprogramme (P-A-S-M) vorhanden, über die Blende und/oder Zeit automatisch von der Kamera gesteuert werden können oder ganz dem Fotografen überlassen werden. In allen Modi unterstützt die mittenbetonte Belichtungsmessung. Die verschiedenen Belichtungsprogramme sind über die MODE Taste anwählbar, wobei die Auswahl auch von der Stellung des Blendenrings am Objektiv abhängig ist.

Der Modus wird durch gleichzeitiges Halten des MODE Schalters und Betätigen der Pfeiltasten zwischen Schulterdisplay und Auslöser gewählt. Je nach Modus werden verschiedene Dinge auf dem zweizeiligen Schulter LCD angezeigt. In der A Stellung des Objektivs (A für Automatik) gibt es die Belichtungsprogramme P, A und S zur Auswahl. In der Programmautomatik (P) wird nur „Auto“ auf dem Display angezeigt. Bei Blendenautomatik (S bzw. shutter priority) wird unter „Auto“ noch die gewählte Zeit dargestellt. Bei Zeitautomatik (A bzw. aperture priority) gibt es die Blendenzahl mit einem vorangestellten F.

Wird die MODE nun losgelassen, ist das entsprechende Belichtungsprogramm gewählt. Bei Blendenautomatik (S) oder Zeitautomatik (A) kann der jeweilige freie Belichtungswert Zeit oder Blende über die Pfeiltasten angepasst werden.

Wenn nun am Objektiv ein konkreter Blendenwert eingestellt ist, gibt es nur noch die Programme A und M zur Auswahl (also kein P oder S). Die Pfeiltasten dienen hier nur zur Auswahl der Zeit, weil die Blende bereits mechanisch am Objektiv vorgewählt ist. Das Schulter-Display zeigt dann in M die manuell vorgewählte Zeit an (ohne „Auto“). Die Kamera kann leider nicht die am Objektiv eingestellte Blendenzahl auf dem Display oder im Sucher darstellen, so dass das äußere LCD in der Zeitautomatik nur „Auto“ anzeigt. Das Ganze mag ein wenig kompliziert klingen, erschließt sich aber bei der Bedienung der Kamera sehr flott.

Unabhängig von der Einstellung des Blendenrings am Objektiv bietet MODE immer noch die Einstellungen für Bulb (B) und fix 1/60s (60). Die 1/60s entspricht der Synchronisationszeit, in der also der Verschlussvorhang gerade noch komplett geöffnet ist. Die kürzeste Verschlusszeit beträgt 1/1000 Sekunde, was ich für ausreichend erachte, gerade wenn an die Größe des Verschlusses gedacht wird. Ich sag mal so: die PENTAX 17 von diesem Jahr schafft nur 1/320s, und dies mit einem Verschluss, der nur das halbe Kleinbildformat abdecken muss.

Durchblick

Der Sucher beeindruckt durch Größe und Klarheit. Zugleich deckt er nur 92 Prozent des Bildformats ab. Früher hätte ich das negativ bewertet. Heute ist mir die vollständige Sucher-Abdeckung egal, da sie für meine fotografische Praxis keine echte Bedeutung hat. Eher kommt mir der knappere Ausschnitt entgegen, weil ich später nach dem Scan mich wieder um ein wenig mehr Spielraum beim Schnitt freuen kann.

Die Fokus Mattscheibe ist austauschbar. Für die Ur-645 gab es fünf verschiedene Screens zur Auswahl. In meiner Kamera ist die UC21 Standard Scheibe eingebaut. Diese unterstützt mit Schnittbild-Spot und Mikroprismen Kranz das manuelle Fokussieren. Andere Scheiben bieten nur Schnittbild oder Mikroprismen oder zusätzliche Führungslinien zur Bildkomposition oder sind komplett klar.

Beim leichten Antippen des Auslösers startet die Belichtungsmessung. Das Ergebnis wird nur im Sucher unten rechts als Zeit-Blenden-Paar angezeigt – bzw. bei manuell am Objektiv eingestellter Blende nur die Zeit. Die LED Darstellung mit roten Ziffern erinnert mich an meinen ersten Digital-Wecker.

Im M Modus wird zusätzlich angezeigt, ob die manuelle Einstellung von Zeit und Blende zu einer ausgewogenen Belichtung laut Messung der Kamera passt, oder um wie viele Lichtwerte sie abweicht. Dabei steht ein kleines o (für overexposed) vor der Zahl, wenn eine Überbelichtung droht. Ein o1 bedeutet dann ein Lichtwert zu hoch, es sollte also die Blende um einen Wert geschlossen oder die Zeit halbiert werden. Umgekehrt bei Unterbelichtung steht ein Minus Zeichen vor dem Lichtwert. Wenn Belichtungsmessung und manuelle Einstellung ausgeglichen sind, quittiert ein freundlichen OK dies im Sucher.

Das Sucher Okular bietet dazu einen Drehring zur Dioptrin Verstellung. Obwohl der Drehring nicht zu leichtgängig erscheint, gelingt es mir aber immer wieder, diesen unabsichtlich zu verstellen. Ich weiß nicht, wie ich das immer schaffe, aber es ist jedes Mal nervig, wenn ich es erst beim Fokussieren bemerke. Für meinen Teil hätte ich lieber auf dieses Bedienelement verzichtet, da der Sucherdurchblick auch mit Brille kein Problem darstellt.

Für die Augenmuschel gibt es eine größere Variante, die bei meiner 645 schon dabei war und großzügig am Sucher Schatten spendet. Alternativ ermöglicht die Montage eines Winkelsuchers (Refconverter) Aufnahmen aus tieferen Positionen erlaubt, ohne dass ich mich gleich auf den Boden legen muss. Der Winkelsucher sieht an der Kamera ein wenig seltsam aus, aber auch hier gilt die Devise, dass die Form der Funktion folgt. Was kein PENTAX 645 Modell bietet, ist der Wechsel des Prismas, während andere Hersteller wie Mamiya wechselbare Sucher-Einheiten anbieten.

Achtung Film Beladung

Die Kamera gibt in der Bedienung wenig Rätsel auf. Aber es gibt eine entscheidende Sache, die nicht unbedingt intuitiv umgesetzt werden kann und am Anfang steht: Wie nur den Film korrekt einlegen? Der Rollfilm kommt nicht direkt in die Kamera, sondern in eine Filmhalterung, die dann auf der Rückseite eingeschoben und verriegelt wird. Wer mehrere solcher Magazine hat, kann diese vorab bestücken und dann für schnellen Filmwechsel vorhalten, wenn der vorherige Film voll geschossen ist.

Anders als bei Kleinbild ist der Rollfilm nicht in einer Patrone (und verschwindet darin wieder nach dem Rückspulen am Ende), sondern er wird auf eine anfangs leeren Spule bei der Belichtung Aufnahme für Aufnahme umgespult. Zum Schluss ist der belichtete Film komplett von der ursprünglichen Spule abgerollt, die dann wiederum als neue leere Spule für den nächsten Film herhalten kann. Es gibt also insbesondere kein Rückspulen des Films wie bei Kleinbild.

Die Filmhalterung der PENTAX 645 hat zwei Seiten zur Aufnahme einer leeren Spule (vom vorherigen Film) und des neuen Rollfilms. Der Film wird auf der Seite (unten) mit der roten S Markierung eingesetzt. Dabei ist dringend zu beachten, dass der Film von innen geführt wird über den ersten Umwerfer. Der Film wird dann über die Andruckplatte und den zweiten Umwerfer wieder innen laufend auf die leere Rolle eingefädelt. Über ein Drehrad wird der Film auf die neue Rolle mit der Hand vorgespult, bis die Pfeil Markierung auf dem Rollfilm auf das rote S zeigt. Also nochmal ganz wichtig: der Film (schwarze Seite) muss nach oben zeigen, nicht zur Andruckplatte, denn sonst belichtet man später nur das lichtdichte Schutzpapier von außen. Jetzt kann die Filmhalterung in die Kamera eingeschoben und verriegelt werden. Wenn nun der Auslöser betätigt wird, transportiert die Kamera den Film zum ersten Bild vor.

Die Suche nach dem besonderen Look

Als ich mich letztes Jahr zum ersten Mal realistisch mit der PENTAX 645 beschäftigt habe, war ich besonders darauf neugierig, ob mir die Fotos aus dem Mittelformat mit ihrem 4:3 Bildformat einen besonderen „Kick“ liefern können. Ja und Nein. Nicht abzustreiten ist der Auflösungsvorteil im Vergleich zum Kleinbild. Beim kleinen Mittelformat steht eine 2,7 mal größere Aufnahmefläche zur Verfügung. Und den Vorteil kann ich auch beim hochauflösenden Scan (derzeit ca. 28-30 Megapixel je nach Ausschnitt) nachvollziehen.

Dazu kam die Hoffnung eines besseren Freistellungspotentials durch geringere Schärfentiefe, wenn die Blende komplett geöffnet wird. Der Crop-Faktor zur Umrechnung von 645 Brennweiten auf das Kleinbildäquivalent beträgt immerhin 0,6. Mein 645 35mm Super Weitwinkel f/3,5 ist damit vergleichbar mit einer 21mm Objektiv f/2 für das Kleinbildformat. Weitwinkel und zugleich das Spiel von Schärfe und Unschärfe, das fasziniert mich. Jedoch liegt der vermeintliche Mittelformat Vorteil in meinem Fall einfach daran, dass ich kein vergleichbares Superweitwinkel für den K-Mount besitze. Diese Objektive gibt es aber: das relativ neue HD DFA 21mm f/2.4 Limited beispielsweise. Oder das SMC 20mm f/1.4, eine wahre Kuriosität, die 1976 nur als Prototyp erschien.

Dann das 645 75mm f/2.8 Objektiv: die Normalbrennweite markiert sogar (mit anderen) die maximal höchste Lichtstärke im 645 Objektivprogramm. Das 75er bildet zwar bei Offenblende sehr detailliert und homogen ab, erreicht aber nicht die (Un-)Schärfe-Freistellung wie beispielsweise ein lichtstarkes 50mm f/1.4 Objektiv an Kleinbild. Ähnliches bei meinem dritten Objektiv, dem 645 150mm f/3.5, im Vergleich zu einem einem FA 77mm f/1.8 Limited oder (D)FA 85mm f/1.4.

Also kann es das Thema geringere Schärfentiefe auch nicht sein, was den besonderen Reiz der 645 Fotografie ausmacht. Dennoch habe ich so einige Fotos, bei denen ich mir einbilde, dass es da etwas Besonderes gibt, eine gewisse Plastizität. Hier kommen ein paar Beispiel von Korsika aus diesem Jahr. Zugleich bin ich mir aber auch fast sicher, dass ich in meinem Katalog auch Fotos mit dem 31er oder 43er Limited auf der K-1 finden werde, wo ich mir einen vergleichbaren Effekt einbilde.

Was treibt mich nun um, die 645 und ihre Aufnahmen so zu feiern?

Ich glaube, es sind gar nicht so sehr die konkreten Bildergebnisse für sich. Es ist das Gesamtpaket, was meine Betrachtung der Fotos beeinflusst. Das beginnt bereits beim Laden des Rollfilms in den Filmhalter. Dann die gesamte Haptik und Handhabung der schweren Kamera. Die Suche nach dem Fokus im großen Sucher. Das Geräuschspektakel beim Betätigen des Auslösers. Die Limitierung auf 15 Aufnahmen, bei der jeder Schuss wohlüberlegt sein will. Und am Ende die Handhabung des (im Vergleich zu KB) großem Negativstreifens, sei es bei der analogen Entwicklung oder dem DSLR-Scan. Ich denke, dass all diese Aspekte Einfluß nehmen auf meine persönliche Beurteilung der fertigen Fotos. Zugleich verstehe ich, wenn andere Betrachter das nicht nachvollziehen können, die eben nichts „Besonderes“ in den Bildern sehen können.

Die 645 hatte ich dieses Jahr auf allen Reisen mit, und auch bei vielen Ausflügen. Insgesamt habe ich 16 Rollfilme mit unterschiedlichen Filmtypen belichtet. Das sind 240 Fotos. Das ist eine Zahl, die ich digital im Urlaub sonst in ein bis zwei Tagen erzeuge – und davon dann aber auch über zwei Drittel wieder lösche. Nicht bei den analogen Fotos, erst recht nicht beim Mittelformat. Hier sind fast alle Aufnahmen echte „Keeper“, weil ich eben in jede Aufnahme viel Zeit und Sorgfalt stecke.

Viele Fotos habe ich bereits im Beitrag Südengland auf Film gezeigt, und auch einige aus Brügge in Belgien. Nun möchte ich noch mehr Bilder von Korsika und der Toskana zeigen. Hier hatte ich mit Portra 160 fotografiert. Die Negative wurden in einem Kölner Labor entwickelt, gescannt habe ich selber. Übrigens habe ich im Sommerurlaub parallel zur 645 auch mit der PENTAX 17 analog fotografiert. Im Beitrag Eine Sommerliebe geht zu Ende habe ich aus Neugier ein 6×4,5 Scan einem entsprechenden Halbformat Scan gegenübergestellt.

Den Abschluss sollen einige Schwarz-Weiß-Aufnahmen bilden, die in den Herbstferien entstanden sind. Wir waren eine Woche in den Vogesen und danach in Elsass bei Colmar unterwegs. Viel zu kurz für diese schöne Region, so dass wir uns für 2025 bereits einen zweiten Aufenthalt (inklusive der 645) versprochen haben.

Fotografiert habe ich auf Ilford HP5 Plus. Die beiden Filme wurden zuhause in der Küche mit D-76 entwickelt. Das Selber-Entwickeln, auch so ein Faktor, der die persönliche Wahrnehmung und Wertschätzung der Bilder beeinflusst.

Wenig Kritik und viel Zuwendung

Die 645 wird im Netz oft als idealer Einstieg in das analoge Mittelformat benannt. Sie ist einfach zu handhaben, sehr robust und dazu im Vergleich immer noch recht preisgünstig. Meine 645 plus Standard Optik in sehr gutem Zustand hat Ende letzten Jahres noch weniger als 500 EUR gekostet. Dazu gibt es ausreichend viele Optiken auf dem Gebrauchtmarkt, ebenfalls bezahlbar. Auch Linsen aus dem 67 System sind einfach adaptierbar.

Die PENTAX 645 ist aber weniger flexibel als eine Mamyia oder Bronica mit ihren austauschbaren Sucher-Modulen und Filmkassetten. Gerade die fehlende Möglichkeit, den Film jederzeit über den Austausch eines Filmbacks wechseln zu können und nicht immer erst die Rolle zu Ende belichten zu müssen, ist ein häufig genannter Kritikpunkt. Manche Nutzer beanstanden auch den Sucher bei schwachen Licht. Oder die brachialen Geräusche beim Auslösen und Transportieren des Films gefallen nicht, die für mich dagegen ein Wohlklang sind. Auch erscheint die fehlende Spiegelvorauslösung für manche verwackelte Aufnahme mitschuldig.

Die Kritikpunkte sind alle irgendwie nachvollziehbar, aber für mich (!) nicht praxisrelevant. Eventuell auch deswegen nicht , weil mir der Vergleich fehlt. Aber die Kamera für sich gesehen ist in meinen Augen ein wunderbares Stück fotografische Technik der 80er Jahre, haptisch und akustisch eine Erlebniswelt.

Die 645 hat mich auch dazu gebracht, das 4:3 Bildformat endlich wertzuschätzen. Ich hatte jahrelang MFT Kameras und diese immer auf 3:2 gestellt. Das war für mich immer das gewohnte Format. Heute sehe ich auch die Vorteile von Vier-zu-Drei, mit der gleichmäßigeren Rahmung, in der Hoch- und Querformat Aufnahmen weniger stark abweichen und besser nebeneinander in der Präsentation koexistieren können. Das gilt insbesondere bei der Präsentation am Monitor oder Fernseher, wo im Porträtmodus die schwarzen Ränder ein wenig zurücktreten.

Persönliches Highlight ist stets das Einlegen einer neuen Filmrolle in den Filmhalter. Die Freude ein neues 645 Erlebnis zu starten. Und die hält dann auch über 15 Aufnahmen an. Jeder Klick ein Lächeln, wirklich jeder (siehe Beweis unten). Die Kamera verdient eine klare Empfehlung (nicht nur) im analogen PENTAX Portfolio. Mit keiner anderen Kamera hatte ich in den letzten beiden Jahren so viel Spaß wie mit diesem Plastikbomber … am Ehesten noch mit der PENTAX SFXn oder der MX … oder K2 … Z1 … aber das werden andere Beiträge.

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