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In Thilos Fotolabor

Heute hat Thilo mich in sein kleines Fotolabor mitgenommen. Thilo ist mein neuer Arbeitskollege, und er liebt die Analogfotografie. Digitale Fotografie geht ihm komplett ab. Dazu muss ich betonen, dass Thilo einige Jahre jünger ist als ich, so in den Dreißigern. Er hat eine spezielle Art, auf die Fotografie zu sehen, die mir bisher fremd war. Aber es soll weniger um Thilo gehen (wäre ihm auch nicht recht), sondern um das, was wir letzte Woche in seinem Reich veranstaltet haben. 

Thilo hat schon vor einigen Jahren einen günstigen Kellerraum angemietet und den geschätzten acht Quadratmeter-Schlauch zu einem analogen Fotolabor ausgebaut. Dazu hat er über die Zeit aus den Beständen aufgelöster Laboratorien sein Equipment ergänzt und optimiert.

Ich hatte im Sommerurlaub zwei analoge Agfa APX100 SW-Filme mit einer PENTAX Super A und einer ME Super geschossen mit der Aussicht, die Filme in Thilos Labor entwickeln zu dürfen. Meine letzten Fotochemie-Arbeiten liegen bereits über 30 Jahre zurück, und so war ich sehr auf die erneute Erfahrung gespannt. Letzte Woche habe ich das Experiment der eigenen Entwicklung unter Thilos Anleitung und Unterstützung gewagt. Auf dem Plan stand zumindest die Entwicklung der Negative sowie die Belichtung von Kontaktabzügen für die beiden Filme. Ich konnte (und durfte) ein paar Schnappschüsse mit meiner digitalen GR machen und möchte diese hier im Post als kleine Reportage zeigen.

Zunächst wurden die Chemikalien auf Temperatur gebracht. Als Entwickler haben wir den Kodak D-76 gewählt. Laut digitalem Beipackzettel benötigen die Agfa APX Filme bei einer 1:1 Mischung 20 Grad Celsius Zieltemperatur. Zum Runterkühlen hatte wir zuvor extra noch einen Beutel mit tiefgefrorenen Zucchini (mangels Alternativen) aus dem Supermarkt besorgen müssen, was schon eigenartig aussah. Lebensmittel sind ansonsten in Thilos Labor absolutes tabu.

Thilo nahm mir zum Glück die Arbeit ab, die Filme in einem Wechselsack auf die Entwicklungsspulen zu fädeln und in den Tank zu befördern. Ich war ihm dafür sehr dankbar, denn die Filme waren sehr widerspenstig, wohl auch weil ich sie erst kurz zuvor aus den Kameras entnommen hatte, und meine Pentax SLRs „rückwärts“ gegen die ursprüngliche Wickelrichtung in der Kamera aufwickeln. 

Dann durfte ich ran. Jede Minute musste ich die Dose mit Filmen und Entwickler für circa 10 Sekunden kippen. Das ganze 11 mal, bis die Gesamtentwicklungszeit von 11:30 abgelaufen war. Danach wurde die Entwicklung zügig durch ein explizites Stoppbad unterbrochen und das Ergebnis dann mit einem Fixierer-Bad gesichert.

Nach der ausführlichen Wässerung kamen die Negativstreifen aufgehängt an Wäscheklammern in einen alten Kindermann Trockenschrank. Kurzes Aufatmen war angesagt, denn ich konnte bereits sehen, dass die Entwicklung erfolgreich verlaufen war und die Filme korrekt belichtet erschienen. Das war insofern spannend, als ich insbesondere einen Film mit einer ME Super Kamera aufgenommen hatte, die ich vorher noch nicht getestet hatte. Ganz schön waghalsig für wertvolle Urlaubserinnerungen, wie ich jetzt finde.

Nach der gut halbstündigen Trocknung wurden die beiden Negativstreifen in kleinere Stücke zu je sechs Bildern mit einer Schere geteilt und in Negativhüllen verstaut. Eine erste Betrachtung am Leuchttisch ließ bereits meine Vorfreude auf den Kontaktabzug ansteigen. 

Nun stand die erste Entwicklung auf Fotopapier an, wenn auch ohne Vergrößerung. Licht aus, Rotlicht an, und dann für 8 Sekunden das große A4 Fotopapier mit der befüllten Negativhülle als Auflage beleuchtet. 

Um ehrlich zu sein, gab es vorher eine kleine Belichtungsreihe mit einem Teststreifen zum Austesten der passenden Belichtungszeit für den Kontaktabzug. Wieder Entwickeln, Stoppen, Fixieren, Wässern, wie bereits beim Film. Jetzt aber in den Wannen und nicht mehr in der Dose. Echt komfortabel ist die Tatsache, dass Thilo einen großen Labortisch mit drei eingelassenen Becken und Wasseranschluss hat, was ein wirklich bequemes Arbeiten ermöglicht.

Zum Abschluss wurden die Abzüge wieder in den Trockenschrank gehängt, und nach 4 Stunden Arbeit und viel Quatschen waren Negative und Kontaktabzüge fertig.  Da ich mich nicht ganz so dumm angestellt habe, darf ich wohl wiederkommen und mich dann an ein oder zwei große Abzüge wagen.

Die ganze Veranstaltung hat viel Spaß gemacht, ist aber auch eine nicht unerhebliche Zeitinvestition. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das immer so haben will, zumal mir die digitalen Scans noch fehlen (Sorry, Thilo). Dagegen ist die Abgabe der Filme in einem professionellen Labor schon sehr bequem, besonders wenn dann einfach eine E-Mail mit dem Download-Link auf die gescannten Ergebnisse eintrifft, später dann gefolgt von den entwickelten Negativen per Post. Das Selber-Entwickeln dagegen macht schon stolz und schafft ein verbindlicheres Gefühl zum Ergebnis. Und wenn man dann das Geschäft so beherrscht wie Thilo hat man natürlich wesentlich mehr Kontrolle auf den Entwicklungsprozess und somit Einflussnahme auf das fertige Produkt. 

Die Filme habe ich inzwischen digital reproduziert. Natürlich ist das auch ein Bruch. Manch einer mag das sogar als Verrat am analogen Bild sehen. Ich bin da weniger strikt, auch wenn die digitale Transformation jetzt nicht im Sinne von Roland Barthes sein dürfte. 

Wie ich das genau mit Kamera, Makroobjektiv und einfacher Leuchtplatte mache, werde ich in einem weiteren Beitrag die Tage beschreiben. Aber einen ersten Schwung Fotos mag ich heute schon zeigen. Und dann lade ich gleich den nächsten Schwarzweiß Film in die Kamera, diesmal in meine MX. Vielleicht schaue ich auch noch einmal, was so ein Starter Set für die Filmentwicklung zuhause eigentlich kostet … 

Post Scriptum: der Artikel hier dürfte dann der vierte Teil meiner offenen Serie zur Schwarz-Weiß-Fotografie sein, auch wenn als Film jetzt kein HP5 eingelegt war wie zuletzt angekündigt. Der Ilford Film ist zwar längst vom externen Labor entwickelt, aber die selbstentwickelten Agfas aus dem Urlaub hatten jetzt für mich mehr Nachrichtenwert.

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